Fasching 1900 bis 1962

Fasching hat Tradition im Bachlertal

So war Fasching früher - Motorrad wurde zum Faschingsschiff

Fast ein Ausnahmezustand herrscht derzeit in den Bachorten von Asbach bis Weichs, soll  es doch in diesem Jahr wieder ein Ereignis der Superlative werden, der große Bachlerfasching mit Faschingsjahrmarkt und Faschingszug am Faschingssonntag, 10. Februar. Aufgrund des sich seit dem Beginn der Faschingsjahrmärkte im Jahr 1984 stetig steigernden Events  wurde nachgeforscht, wie es in früherer Zeit um den Fasching im Bachlertal bestellt war. Richard Stadler bearbeitet derzeit mit modernster EDV-Technik Fotos aus der Bachler-Vergangenheit, darunter viele historische Faschingsfotos, die zum Teil auch unter www.bachlertal.de ins Internet gestellt werden.

Sein Vater, Konrad Stadler, kann sich aus mündlicher Überlieferung durch Josef Gerl sen. (+ 2001), und ab der Vorkriegszeit selbst an so manches Faschingsereignis erinnern. Ergänzend konnten Anni Guggenberger, Hofkirchen, und Josef Daffner, sen. Haimelkofen, über das Faschingsgeschehen der Nachkriegszeit bis etwa 1962 berichten.


Ringelstechen etwa aus dem Jahre 1910

Aus den Jahren 1910 bis 1947 datierte Fotos belegen, dass es schon damals in den letzten Faschingstagen, insbesondere im Ort Haimelkofen hoch her ging. Faschings-Fußballspiele, Faschingshochzeiten, Versteigerungen,  Ringelstechen, Schubkarrenrennen, Sackhüpfen und andere Belustigungen standen auf dem Programm der „Bachler-Ahnen“.


Herr "Winter" und Frau "Sommer" beim Winteraustreiben

Beim sog. „Winteraustreiben“ wurde mit großem Hallo mit zwei als „Herr Winter“ und „Frau Sommer“ verkleideten Männern von Haus zu Haus gezogen und symbolisch, natürlich gegen Essen, Trinken oder Geld, der Winter ausgetrieben.  Kurz vor dem zweiten Weltkrieg und einige Jahre nach dem Krieg dominierten die „Weichserer“ das Faschingsgeschehen in   den Bachorten. Diese zogen mit Kühe-, Ochsen- und Pferdegespannen von Weichs nach Hofkirchen, mehrmals sogar voran ein Reiter in Ulanenuniform (Begriff aus dem türk.-poln. kommend für uniformierten Lanzenreiter).

Auf den holzbereiften Leiterwagen wurden Geschehnisse und Personen des ganzen Bachlertales gehörig ausgespielt. Als die übrigen Bachler einmal der Meinung waren, die Weichserer hätten es beim Ausspielen gar zu bunt getrieben, soll sich aus der anfänglichen Meinungsverschiedenheit eine ziemliche  Rauferei entwickelt haben. Das  erste Motorrad im Bachlertal baute man  in ein Aufsehen  erregendes Faschingsschiff um.


Faschingsgesellschaft mit Grammophon vor der damaligen "Tafernwirtschaft" Obermüller, heute Gasthaus Brunnenwirt in Haimelkofen

Auffällig bei all diesen Fotos ist, dass darauf fast ausnahmslos Männer als Akteure und Kinder als Zuschauer abgebildet sind, anscheinend war Fasching damals fast reine Männersache.

In dieser Hinsicht würden sich die „Bachler-Vorväter“ heutzutage wundern, was sie auch ihren weiblichen Nachfahren an „Faschingsblut“ vererbt haben. Josef Daffner sen. hat am besten noch den Fasching 1947 in Erinnerung, bei dem er als Brezenversteigerer fungierte. Voran ein Kuhgespann, auf dem  mit Fichtenzweigen und Brezen geschmücken Wagen die Blaskapelle,  zogen die Teilnehmer vom Anwesen Kerscher, Haimelkofen, zur „Wirtswiese“. Als die Blasmusik zu spielen anfing, wären die Kühe fast durchgegangen, nur mit größter Mühe konnte sie der Wagenführer halten.


Brezenwagen mit Kuhgespann im Fasching 1947

Bei der Brezenversteigerung auf der Wirtswiese wurden bis zu 40 Reichsmark für eine große Breze, wie sie heute auf Volksfesten angeboten werden,  ausgegeben. Startend am „Glöbelberg“ veranstaltete man auf der unbefestigten Ortsstraße von Haimelkofen anschließend ein Schubkarrenrennen und ein Sackhüpfen.

In den Nachkriegsjahren bis etwa 1956/58 waren es besonders die Bälle von Feuerwehr und Kriegerverein auf den damals im Obergeschoss der Wirtshäuser liegenden „Tanzböden“, - mit vorangehendem Lüngerl- oder Schweinsbraten-Essen in der „oberen Stube“-, die das gesellschaftliche Faschingsgeschehen bestimmten. Zu diesen Bällen kam der „Ball-Lader“ ins Haus, um seine Einladung zu überbringen. 

Schwärmerisch erinnert sich noch heute so manche(r) an den großen Vereinsball, bei dem man als Ballkönigin oder Ballkönig nach der Polonaise, die der „Ball-Lader“ anführte, den Tanz  eröffnen durfte. Bei solchen Bällen konnten etwa ab 23.00 Uhr die Musikanten „bestochen“ werden. Gegen entsprechende Bezahlung spielte die Kapelle nach Wunsch des Zahlers Landler, Boarischen, Polka, etc.. Der erste Tanz dieser Runde war eine Freitour für den „Zahl-Tänzer“ und dessen Auserwählter, welcher es böse angerechnet worden wäre, hätte sie den Tänzer ausgeschlagen. Es war damals undenkbar, dass ein Mädchen alleine zum Tanzen gegangen wäre. Wollte „Mädchen„  zum Tanze gehen, brauchte es dazu einen „Ball-Führer“, den zu bekommen in der Nachkriegszeit aufgrund des Frauenüberschusses meist nicht einfach war. 

Besonders beliebt waren etwa ab 1955 auch die Faschingsfeiern des Kirchenchores, der Landjugend und der Schützenvereine, woran man ohne die „Balletikette“ teilnehmen konnte und wohin sich auch schon die ersten Mädchen und Frauen alleine wagten.

 

Maria Winderl in der Laberzeitung am 05.02.2002