Luise Pöschl mit fast 90 Jahren verstorben

 

Begräbnisansprache für Frau Aloisia Pöschl, Haimelkofen

verfasst und gehalten von
Pfarrer Johannes Bäuml                         08. März 2003

In diesem Jahr 2003 jährt sich so manches Bedenkenswerte. Vor 60 Jahren war die Schlacht in Stalingrad, in der Hunderttausende Soldaten zum Opfer fielen. Die Katastrophe von Stalingrad, war der Anfang vom Ende der nationalsozialistischen Hybris, die fast ganz Europa unterjochte und, wo sie die Macht dazu hatte, ein grauenhaftes Terror-Regime ausübte. Auch in Deutschland hatte die Niederlage von Stalingrad Folgen:

Für die Masse der Bevölkerung war das Ende des Mythos der Unbesiegbarkeit ein Schock. Dazu kam für viele das Leid: den Vater, den Sohn, den Ehemann, den Bruder verloren zu haben. All das war geeignet, die Begeisterung für den Krieg zu dämpfen.

Die Machthaber befürchteten die Kriegsmüdigkeit und den aktiven Widerstand. Die Propagandamaschinerie wurde noch mehr vorangetrieben und gegen Widerstand wurde noch brutaler vorgegangen. Am 18. Februar 1943 hielt der Propagandaminister Joseph Goebbels in Berlin seine wahnwitzige Sportpalast-Rede, bei der ihm Tausende nach einem totalen und radikaleren Krieg zustimmten. Am gleichen Tag, den  18. Februar 1943,  warfen in der Universität München Studenten, Mitglieder der ,,Weißen Rose“, Flugblätter gegen das Regime und den Krieg.

,,Der Entschluss zum Widerstand ist bei den Freunden der Weißen Rose aus einer unerschütterlichen christlichen Grundeinstellung erwachsen. Sie waren geleitet von der Überzeugung, dass der Mensch Gott mehr verantwortlich ist als dem Staat. Der Staat, der solch schreckliche Verbrechen beging, war kein von Gott gewollter Staat. Den Widerstand gegen das Verbrecher-Regime fassten sie als allgemeine Christenpflicht auf  Sie zeigten, dass in den dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte die mitfühlende Menschlichkeit und das Gewissen des Einzelnen nicht zu unterdrücken waren.“ Diese Worte gebrauchte unser bayrischer Landesvater Edmund Stoiber, als er kürzlich in der Walhalla drüben die Büste von Sophie Scholl enthüllte.

Kultusminister Hans Zehetmair sagte zu diesem Anlass: ,,Damit soll mit Hochachtung all derer gedacht werden, die Widerstand leisteten.“

Auf noch ein Ereignis will ich hier hinweisen, das ein wenig Einblick gibt in die damaligen Zeitverhältnisse, in denen unserer Verstorbenen Aloisia Pöschl ihre Jugendzeit erlebte. In diesen Tagen wurde ein Brief von der hl. Märtyrerin Edith Stein an Papst Pius XI aufgefunden. Darin schreibt sie im Jahre 1933 an den Hl. Vater: ,,Als ein Kind des jüdischen Volkes, das durch Gottes Gnade seit elf Jahren ein Kind der katholischer Kirche ist, wage ich es, vor dem Vater der Christenheit auszusprechen, was Millionen von Deutschen bedrückt. Seit Wochen sehen wir in Deutschland Taten geschehen, die jeder Gerechtigkeit und Menschlichkeit,  von Nächstenliebe gar nicht zu reden,  Hohn sprechen. Jahre hindurch haben die nationalsozialistischen Führer den Judenhass gepredigt. Nachdem sie jetzt die Regierungsgewalt in ihre Hände gebracht und ihre Anhängerschaft,  darunter nachweislich verbrecherische Elemente,  bewaffnet hatten, ist diese Saat des Hasses aufgegangen. Ich bin überzeugt, dass es sich um eine allgemeine Erscheinung handelt, die noch viele Opfer fordern wird....“ Soweit einige Worte aus dem Brief Edith Steins an den Papst.

Wenn wir,  liebe Trauergemeinde,  Frau Aloisia Pöschl zur letzten Ruhstätte begleiten, dann kommen wir nicht umhin an ihre Jugendzeit zu erinnern, die genau in diese Zeit des Nationalsozialismus hineinfiel.

Unter dem damaligen Kaplan Schoyrer (1928 1931) gründete sich eine Jugendgruppe, die sich den Namen ,,Weiße Rose“ gab. Zu dieser Jugendgruppe gehörte auch Aloisia Pöschl, als führendes Mitglied. In dieser Gruppe wurde die Jugend geformt für ihr Leben. Sie wurden unter der Anleitung vom Kaplan Schoyrer in das gesellschaftliche Leben eingeführt, es wurde ihnen die Augen geöffnet für die Wahrheit und Gerechtigkeit, ihr Gewissen wurde gebildet an Hand der unabänderlichen Gebote Gottes.

Begeisterung für Gott und Vaterland wurde in den jungen Menschen geweckt. Diese Begeisterung für Gott und den Menschen ließ manche Menschen bis zum Äußersten gehen, bis zur letzten Konsequenz, ein Beispiel haben wir in den Geschwistern Scholl und vielen andern.

Auch das junge Mädchen Aloisia war begeistert und kümmerte sich hochherzig für diese Jugendversammlung ,,Weiße Rose“. Da bereits im Jahre 1933 ein allgemeines Vereinsverbot ausgesprochen wurde -  wer damit den Verein nicht neu anmeldete, war automatisch aufgelöst -   machte sich auch Aloisia Pöschl strafbar, da sie die Jugendgruppe weiterführte.

Geboren wurde sie den Eltern Ferdinand und Helene Pöschl am 15. November hier in Haimelkofen. Ein halbes Jahr später verlor sie bereits ihren Vater. Sie erlernte das Schneiderhandwerk, legte die Meisterprüfung ab und führte diesen Beruf Zeit ihres Lebens aus.

Später, nach dem Tod ihrer Mutter im Oktober 1965, übernahm sie auch das Lebensmittelgeschäft und führte dieses bis ins hohe Alter weiter.

Neben ihrer beruflichen Arbeit engagierte sich Aloisia Pöschl mit großer Begeisterung für die Belange der Kirche. Vor allem dem hiesigen Kirchenchor galt ihre Sorge. Für das Singen war sie immer zu begeistern. Diese Begeisterung und diesen edlen Idealismus für die Ehre Gottes ließen sie bis in ihr hohes Alter von knapp 90 Jahren nicht müde werden. Wenn sie auch nicht mehr am Chor mitsingen konnte, hinderte sie das nicht daran, von ihrem Platz aus,  unter dem Volk, die Kirchenlieder bei der Werktagsmesse und bei Andachten anzustimmen.

Ihr fester, überzeugter Glaube, der ihr im Elternhaus gelehrt und in der Jugendgruppe gefestigt wurde, prägten sie so sehr, dass sie auch ein offenes Herz und noch mehr offene Hände hatte für die Belange der Ortskirche, aber darüber hinaus auch für viele Bedürftige in Heimat und Mission. Viele Missionsorden unterstütze sie großzügig und durch viele Jahrzehnte, bis vor zwei Jahren sorgte sie sich noch selbst für das diözesane Priesterhilfswerk.

Unter ihrer Federführung stand auch der ,,Lebendige Rosenkranz“, dessen Erneuerung und Wiederbelebung ihr ein Anliegen waren.

Der hl. Laurentius wurde vom römischen Kaiser aufgefordert, er solle die Schätze der Kirche herausrücken. Daraufhin rief der Diakon Laurentius alle Armen Roms zusammen und stellte sie dem Kaiser vor, mit den Worten: ,,Das hier sind die Schätze der Kirche!“ Die Armen, die der Hilfe Bedürftigen, das sind die wahren Schätze der Kirche immer gewesen. In ihnen sah auch Aloisia Pöschl ihren Schatz, sie half wo sie konnte. Mögen nun die, denen sie immer wieder ihr Scherflein gegeben hatte, nun ihre Fürbitter an Gottes Thron sein.

Christus sagt: ,,Wer mich vor dem Menschen bekennt, zu dem werde auch im mich vor meinem Vater im Himmel bekennen!“ Oder das andere Wort: ,,Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugemessen werden!“

Sie scheute kein Opfer, um die Hl. Messe mitfeiern zu können und den Herrn im heiligsten Sakrament zu empfangen. In ihrem Leben verblasste nicht der jugendliche Idealismus für den wahren Gottesglauben und die echte Menschenliebe,  die viele unserer Kinder und Jugendlichen heute gar nicht mehr gelehrt bekommen.

Wenn sie auch nicht verheiratet war, wenn sie auch nicht Mutter im engen Sinne war: Sie teilte um so mehr ihre Liebe mit vielen anderen Menschen, die der Hilfe bedürftig waren. Ihr mütterliches Herz war nicht beengt, im Gegenteil, es weitete sich auf viele Menschen aus.

In den letzten Februartagen musste sie wegen der nötigen Pflege ins Rot-Kreuz-Altenpflegeheim nach Mallersdorf gebracht werden. Schweren Herzens musste sie einwilligen. Aber auch hier hat sie sich nach wenigen Tagen damit abgefunden und diese Trennung von ihrem geliebten Zuhause hingenommen.

Nun ist sie in der Erwartung der Hl. Kommunion, am vergangenen Montag Abend, den 03. März 2003  mit knapp 90 Lebensjahren  ihrem Herrn und Erlöser entgegen gegangen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich allen danken, die sie in den letzten Monaten besuchten, sich um sie kümmerten, sie zum Gottesdienst mitnahmen. An dieser Stelle seien hier namentlich Herr und Frau Bausback genannt. Allen ein ,,Vergelt’s Gott!“

Möge nun Jesus Christus ein großzügiges Maß seiner Barmherzigkeit ihr zumessen. Denn an ihn hat sie mit fester Begeisterung geglaubt, ihm hat sie mit frohem und liebendem Herzen gedient, so nach dem Wort Jesu: ,,Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“.

- Amen

 

 

Das Sterbebild


 

030308

Bilder Richard Stadler