Zeitgeschehen


"De Hofkirchara Ministranten bittn um a roads Oa !"
Von "Eierschlagern" und anderen finsteren Gesellen

 
Die Hofkirchener Ministranten mit ihren Handratschen am Karfreitag

In den Tagen vor Ostern läuten nicht die Kirchenglocken zu den jeweiligen Gottesdiensten, sondern die Ministranten rufen mit ihren Ratschen zum Gebet indem sie die Kirche "ratschend" umrunden. Eine Tätigkeit, die schon mal die Muskeln eines jungen Ministranten stark beansprucht. Gelegenheit zum üben haben die Mädchen und Jungs aus der Ministranten-Truppe immer am Karfreitag. An diesem Tag fordern die Ministranten ihren Obolus von den Pfarreimitgliedern für ihre Kirchendienste. Schon früh am Morgen ziehen sie mit ihrem Leiterwagen los und besuchen jeden Haushalt. Mit ihren Holz-Ratschen postieren sie sich vor der Haustüre und bewegen den Holzschlengel durch kräftiges auf- und abschlagen auf dem Holzbrett. Dabei entsteht ein Schlagen und ein Hämmern, das auch die Nachbarschaft hört. Sobald sich dann die Haustüre öffnet, lassen die Messdiener mit ihrem "ratschen" nach und es kommt im Chor: "De Hofkirchara Ministrantn bittn um a roads Oa!"

In früheren Tagen war dies die Gabe, die aus jedem Haushalt zu erwarten war. Denn Hühner gab es auf dem großen Gutshof, auf dem Bauernhof, beim Häusler und bei den Arbeitern. So war die kräftige Anfrage der Ministranten fast immer erfolgreich. Den jeder gab den Kindern Naturalien, ja es war schlicht weg Pflicht, die Ministranten zu beschenken. Kaum jemand wollte sich nachsagen lassen, dass er nichts gegeben hatte. Die Gaben selber waren unterschiedlich oft gab es tatsächlich das berühmte gekochte "rote Ei" für jeden Ministranten. Vielfach änderte sich dies auch und es wurden rohe Eier übergeben. Die Meßlatte war immer die Anzahl der Ministranten. So gab es manchmal 2 Eier oder eben auch 3 oder 5 Eier pro Nase. Es konnte aber dann schon vorkommen, dass die Einödbäuerin, welche einen großen Hühnergarten hatte, eine ganze "Richt" mit 50 Eiern übergab.

Für die Geschenke wurde ein Leiterwagen mitgeführt, um die Eierfracht sicher zu transportieren. Leider ging trotzdem manchmal etwas schief und die Eier gingen zu Bruch. Denn just die Jüngsten mussten die Karre ziehen. In diesen Dingen ist die Ministranten-Hirachie streng und es wurde die ungeschriebene Rangordnung eingehalten. Die älteren und größeren beanspruchten jeweils eine Ratsche, so blieb für die schwächeren Neulinge in der Regel nur der niedere Dienst des Wagenziehens. Die gesammelten Eier waren für einen Ministranten zuviel und auch für den Haushalt der Mutter, so wurde die Einnahme bei Eieraufkäufern versilbert. Allerdings war da der Erlös meist nicht sehr erfreulich. Bessere Kunden waren die Abnehmer aus der Stadt, die zum Karfreitag, bzw zu Ostern ihre jeweiligen Geburtshäuser besuchten und den Ministranten die Landeier zu guten Preisen abnahmen.

Heutzutage gilt vorwiegend der Leitsatz "nur Bares, ist Wahres". So ist zwar der Leiterwagen immer noch dabei, aber dem Kassier mit dem Geldbeutel kommt wesentlich mehr Bedeutung zu als früher. Wenn die Hausfrau oder der Hausmann die Gabe an der Haustür übergeben hat, dann schallt es laut: "Vergelts Gott und pfürgott" und die Truppe zieht "ratschend" weiter.

Für den kleinen Hansi, der noch nicht zur Schule ging und ein richtiger Lausbub war, stellten die Ministranten einst eine große Bedrohung dar. Wegen seines unrühmlichen Verhaltens übers Jahr, hatte er stets mit dem Nikolaus und vielmehr mit dem Krampus zu kämpfen. Immer wenn der Nikolaus mit dem Krampus kam, war vor der Haustüre ein Höllenspektakel mit Gepolter und kettenrasseln. Der Vater öffnete die Haustüre, und diesmal nahmen sich die Besucher den kleinen Hansi besonders vor. Es gab kräftige Hiebe auf das Hinterteil, so dass der kleine Hansi beeindruckt war und sogar bitterlich weinte. Als nun eines Tages der Winter Abschied nahm und Hansi neben seiner Spielkiste am Karfreitag in der Küche spielte, hörte er vor der Haustüre eben diesen bedrohlichen Lärm erneut. Wie ein Pfeil startete der kleine Hansi in das hinterste Ecke der Sitzgruppe neben dem Esstisch, dort wo nur er Platz fand und wo ihn kaum einer sah. Die Mutter sagte: "Hansi, kim wieder aussa!" - der Hansi "Na, nie!" Der kleine Mann lies sich nicht beirren. Vor der Haustüre standen wieder Gestalten, die ihm ans Leder wollen, und er war sich sicher, ein zweites Mal erwischen die mich nicht. Die Ministranten kamen sogar in den Hausflur und der Hansi lurte zwischen den Tischbeinen und den Stuhlbeinen durch, konnte aber kaum etwas erkennen. In seiner gebückten Haltung waren alle groß, auch die Ministranten erschienen ihm gefährlich. Er sah lediglich, dass die Mutter diesen Gestalten Eier übergab. Nachdem die Ministranten weg waren versuchte die Mutter den Hansi zu beruhigen. Aber er lies sich nicht beirren: "Des hand Eierschlager, wenn de mi dawischn dann hauns me!" entsprang seinem angstvollen Gesicht. In den folgenden Jahren rutschte der Nikolaus mit dem Krampus auf den zweiten Rang der Bedrohungen, da er nur einmal im Jahr kommen konnte. Das schlimmste was dem Hansi passieren konnte, waren dagegen die Eierschlager. Denn immer wenn die Mutter nicht mehr weiter wußte, weil der Hansi eben gar so ein Lausbub war, drohte sie mit den "Eierschlagern" denn die konnten, so war sich die Mutter sicher, auch übers Jahr gerufen werden. Und immer wenn es Karfreitag war und die Eierschlager kamen, sass der Hansi in seinem Eck ganz hinten unter der Sitzbank. - Man mag denken, dass dies eine erfundene Geschichte ist. Aber wie mit vielen Geschichten ist es so, dass das Leben die schönsten Geschichten schreibt und so muss erwähnt werden, dass sich diese Geschichte am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts tatsächlich zugetragen hat.

2015-04-02