Das Schlachtfest
Der
Manfred B. war ein junger Familienvater und wohnte an der Straße zum
Poschenhof. Er hatte sich sein Häuschen schön hergerichtet, eine hübsche
junge Frau und eine kleine Tochter. Mit seinem Lohn als Mauerer hatten sie
zusammen ein bescheidenes aber glückliches Auskommen. Nur eines fehlte noch im
Haushalt, eine Gefriertruhe. Nachdem er sich beim Wirt und auch beim Rauchen in
letzter Zeit stark eingeschränkt hatte um jede Mark zu sparen, war es endlich
so weit. Das edle Stück wurde geliefert und aufgestellt. Aber was soll man mit
einer leeren Gefriertruhe. Da gehört Fleisch hinein, dann kann man erst richtig
sparen, wenn man das Geld nicht immer zum Metzger trägt. Also musste eine Sau
her und es musste geschlachtet werden.
Der
Manfred war ein anständiger und ehrlicher Mann und er ist es heute noch, wenn
er auch schon lange woanders wohnt. Solche anständigen Menschen haben es im
Leben besonders schwer, weil sie durch ihre Ehrlichkeit und Gutgläubigkeit
leichte Beute eines gewissen Menschenschlages werden, von dem wir auf diesen
Seiten auch schon berichtet haben.
Seinen
Kollegen hatte er von seiner neuer Errungenschaft und dem bevorstehenden
Sauschlachten natürlich erzählt. Ein Schlitzohr witterte natürlich hier
sofort seine Chance.
Die
Sau war besorgt und schon daheim im alten Geißstall eingesperrt. Am Freitag um
3 Uhr Nachmittag war sein Freund der Metzger Wigg bestellt. Immer wieder schaute
der Manfred während der Arbeit auf die Uhr. Um 1 Uhr verkündete er: „Iatz
ho-hot mei O-O-Oide scho an Waschkessl o-o-gheuzt“. Wie man an dem Satz sieht,
und wer ihn kennt, der weiß, dass der Manfred etwas stottert.
Um
2 Uhr war er überzeugt, dass das Wasser schon kochen müsste. Seine Nervosität
nahm von Minute zu Minute zu. Er konnte es kaum noch aushalten bis es um 5 Uhr
endlich Feierabend wurde. Er freute sich schon darauf, nach Hause zu kommen und
dachte schon an Schlachtschüssel, Blut- und Leberwürste. Ausgerechnet er
musste heute so lange arbeiten. Ein paar seiner Kollegen hatten sich heute schon
früher frei genommen.
Was
spielte sich inzwischen daheim ab? Wie vereinbart heizte seine Frau um 1 Uhr den
im Hof stehenden Waschkessel an. Besser gesagt, sie hat damit begonnen. Noch am
Montag bei der großen Wäsche war damit alles wie immer problemlos gelaufen.
Nur heute wollte er nicht brennen. Immer wieder steckte sie eine Zeitung ins
Ofenloch und zündete an. Der Rauch quoll aus allen Ritzen aber nichts kam aus
dem blechernen Rauchrohr am anderen Ende. Seine Renate war schon ganz schwarz im
Gesicht und völlig außer Atem von dem vielen Rauch und dem Hineinpusten.
Der
Metzger Wigg kam pünktlich um 3 Uhr und zog seine blitzenden Messer aus seiner
alten Aktentasche. „Kocht’s Wasser, na gemmas o“ rief er der erschöpften
jungen Frau zu. Doch das Wasser war immer noch kalt und zum Brühen einer Sau
braucht man kochend heißes Wasser.
Auffällig
war, dass an diesem Nachmittag auf der kleinen und sonst ruhigen
Straße zum Poschenhof reger Verkehr herrschte. Radlfahrer um Mopeds
wechselten sich ab. Alle sahen interessiert der Renate zu, wie sie vergeblich
versuchte den Ofen anzuheizen.
Einer
schlich immer um die Ecke am benachbarten Lagerhaus und hielt sich vor Lachen.
Es war der W. Sepp. Er und kein anderer war es, der in der Nacht heimlich das
Rauchrohr mit Lumpen zugestopft hatte und dadurch das geplante Schlachtfest
vereitelte.
Der
Metzger war schon unverrichteter Dinge abgezogen als der Manfred endlich heim
kam. Die Enttäuschung war groß, als er sah, was los war. Die Sau durfte noch
einen Tag länger leben. Das Rauchrohr wurde gereinigt und am nächsten Tag
wurde ein neuer Termin angesetzt: „Do do bin i o-ober iats selba dabei.“ –
R.S.