Am
Silvesternachmittag gingen zwei Brüder ins Wirtshaus. Der eine nach O.,
der andere nach W. Sie zechten dort den ganzen Tag. Abends kamen sie in
Silvestergesellschaft und tranken in lustiger Unterhaltung wohl etliche
über den Durst. Zu vorgerückter Stunde wollte Zamperl (so dürfen wir ihn
nennen, weil ihn nur seine engsten Freunde unter diesem Namen kennen) nach
Hause gehen. Als er in dem Wirtshaus, in dem sein Bruder K. saß, noch
Licht brennen sah, mußte er natürlich dort einkehren. Alles war hier noch
in ausgelassener Silvesterstimmung und auch er wurde freudig aufgenommen.
Langsam machten sich auch hier die letzten Gäste auf den Heimweg, bis auf
die zwei Brüder. Diese standen erst auf, als die Kirchglocken zur Messe
läuteten und ihr Weg führte nicht nach Hause, sondern mit unsicheren
Schritten geradewegs zur Kirche. Dort ließen sie sich auf der Empore in
den hintersten Bänken nieder. Wahrscheinlich waren aber die warmgeheizte
Kirche und der Geruch des Weihrauchs für unsere zwei ein süßes Wiegenlied.
Gut, daß die beiden keine Schnarcher waren, sonst hätte ihr Schlaf wohl
auch die Gläubigen und den Herrn Pfarrer gestört. So aber merkten es nur
die Umstehenden, daß diese zwei wohl noch von der vergangenen
Silvesternacht träumten. Der Herr Pfarrer wunderte sich wohl, daß es auf
der Empore heute gar so still zuging, wo er sich doch sonst gerade über
das Gemurmel von oben herab oft, ärgern mußte. Er wußte ja nicht, daß
niemand den Schlaf dieser zwei Spätheimkehrer stören wollte. Da alle die
Empore auf leisen Sohlen verließen, wurden die zwei auch nicht wach, als
die Kirche aus war.
Wahrscheinlich hätten sie auch das Amt am Vormittag noch überschlafen,
hätte sich nicht ihre Mutter Sorgen um ihre Sprößlinge gemacht.
Wahrscheinlich hatte sie schon erfahren, daß diese schnurstracks vom
Wirtshaus in die Kirche gegangen waren. Weil sie ihre zwei Söhne gut
kannte, lag ihr wohl auch der Gedanke am nächsten, daß sie sich noch
friedlich schlafend in der Kirche aufhalten mußten. So wurden unsere zwei
doch noch kurz vor der Vormittagskirche von sanften Mutterhänden aus dem
Schlaf gerissen. |